Es ist der 21.10.2012, 9:25Uhr, der Startschuss fällt in der noch frischen, mit leichtem Nebel getränkten Morgenluft in Bad Ischl. Mein Laufpartner Peter und ich begeben uns frohen Mutes auf die Marathonstrecke am Wolfgangsee. Welch ein herrlicher Tag, der bunte Laubwald ansich ist schon ein Augenschmaus, dazu das Glitzern der Sonnenstrahlen auf dem Wolfgangsee, welcher so lieblich eingebettet in die Berglandschaft des Salzkammergutes sein Dasein bestreitet. Wir sind hochmotiviert, atmen die kalte Herbstluft mit Freude tief in unsere Lungen ein, noch ahnen wir die Strapazen der letzten Kilometer nicht...
In St. Wolfgang stoßen die regulären Wolfgangseeläufer (27km) zu uns, ein enormer Haufen! Bunt gemischtes Publikum, vom Hausfrauenlauftreff, über Laufclubs, bis hin zu ambitionierten Einzelkämpfern und rüstigen Senioren. Ein Volkslauf eben.
Dann, nach ca. 15km, das Herzstück des Laufes: der steile Anstieg und Abstieg über den Falkenstein. Endlich kann ich meine Stärken ausspielen, als Trailläuferin fühlen sich meine Füße auf diesem Wegabschnitt zu Hause. Nicht zyklischer Speed dominiert die Fortbewegungsart, sondern intervalllastige Wechsel zwischen schnellem Gehen in den äußerst steilen Passagen und regenerativem Joggen während weniger steilen und ebenen Passagen. Dann der Abwärtsspurt, genial, es einfach krachen lassen, konzentrieren auf den steinigen Untergrund, die Schritte vorausplanen, mir taugts, ich bin in meinem Element!
Das war nicht immer so, noch vor wenigen Monaten schmerzten Knie und Musklen beim Abwärtsgehen, doch mit bedächtigem sich herantasten an das Abwärtslaufen gewöhnt sich der Bewegungsapparat an die ungewohnte exentrische Fortbewegung. Und dann schlägt das notwendige Übel den Berg wieder hinab zu kommen in pure Vorfreude um, ein rasanter Downhill steht bevor, der den krönenden Abschluss eines tollen Trailruns bildet...
Mit meinem Übermut von der Bergetappe gestärkt, starte ich in den schönsten Abschnitt der Wolfgangseerunde. Nach St. Gilgen führt direkt am Ufer ein feiner Steig, in der Morgensonne schimmert der See in seiner schönsten Pracht, das Wogen der leichten Wellen ist zu spüren, Natur pur! Und ich immer noch hochmotiviert. Dann ist endlich Halbzeit, der Wendepunkt, ab nun an verfolge ich die Kilometerschilder....
Eher hässliche Abschnitte direkt an der Straße mit dem Verkehrslärm rauben mir meine psychischen Kräfte, die Kilometer wollen nicht enden. Ab Kilometer 30 muss ich mir schon gut zureden, ich bringe nur noch ein krampfhaftes Lächeln über die Lippen. Doch immerhin, meinen Kilometerschnitt kann ich noch einhalten, was mir wieder Mut macht. Eine Zeit unter 4 Stunden ist noch möglich.
Immer wieder ertappe ich mich, wie meine Gedanken zu düstererer Natur schweifen. Es ist wirklich nicht so einfach, die positive Energie und Stimmung hochzuhalten, zumal ich mittlerweile alleine auf dem Weg bin. Peter ging die Bergetappe etwas langsamer an, ich konnte mich einfach nicht im Zaun halten und bin ihm auf und davon, sorry Peter!!!
Ich bin für mich jedenfalls bei diesem Lauf wieder zu der Erkenntnis gekommen: das Gehirn ist und bleibt der wichtigste Muskel, wie beim Klettern auch! Wenn die Motivation passt, und das ist die Kunst während den langen Laufstrecken, dann toleriert der Körper die Belastung besser, weil der Kopf sie nicht so hoch einschätzt. Mentales Training gehört also auch in den Trainingsplan hinein. Definitiv, auch im Hobbysport!
Schließlich bin ich mit erhobenen Händen die letzten Meter Richtung Ziellinie und Zeitnehmung gelaufen. Meinen Schnitt konnte ich einhalten, die Zielzeit von 3:56:20 führte mich sogar auf den 3. Rang meiner Alterskategorie W30. Wahnsinn, damit hatte ich natürlich überhaupt nicht gerechnet. Und wenn man dann noch bedenkt, dass die schnellste Läuferin beim Marathon nur (!) 16 min schneller war...Für mich der Lauf meines Lebens vermutlich!
Danke an meine Laufkollegen für das angenehme Wochenende im Salzkammergut, es war mir eine Ehre!
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Lothar Schanne (Mittwoch, 24 Oktober 2012 12:29)
Liebe Patricia
Du schreibst so lebendig. Beim Lesen bin ich in Gedanken mitgelaufen.
LG
Papa