Das letzte Weekend im Eis für diese Saison? Vielleicht - aber bei diesen frostigen Temperaturen kaum vorstellbar, dass die Materie Eis so schnell schwinden wird. Wir jedenfalls haben die zwei Tage in der Kälte genossen, wenn man das überhaupt so ausdrücken kann. Genießen tut man's eigentlich immer erst hinterher, wenn man die wohltuende Wärme im ganzen Körper gespürt und Hände und Füße im wohltemperierten Restaurant langsam auftauen. Erst dann realisiert man: geniales Wochenende, aber irgendwie zach!
Wir trafen uns am Samstag mit zwei italienischen Freunden im Oeschiwald, welcher schon recht dicht besiedelt war. Aber kein Wunder, Eisfälle in bester Formation mit wenig Zustieg. Die Internationalität der Eiskletterer hier in Kandersteg bekommen wir auch gleich zu spüren, ein alltägliches "Hoi zsämme" versteht niemand, fragende Gesichter blicken uns entgegen. Engländer, Spanier, Deutsche,...
Eine namenlose leichtere Linie links außen entscheiden wir zu begehen, zwar sind auch dort schon Kletterer am Werke, aber bei diesem Andrang lässt sich's nicht vermeiden. Doch die erste Länge entpuppt sich schwieriger als erwartet, Harald müht sich im Kaltpump die 40m im tropfenden Röhreneis nach oben, und ich im Nachstieg ringe mit den geeisten Karabinern und Eisschrauben. Die Schlingen sind steif gefroren, das kann ja noch heiter werden.
Als ich am Stand ankomme, bibbert mir Harald zitternd und total blau im Gesicht vor Kälte entgegen. Aber so ist's eben beim Eisklettern, von Genuss kann da keine Rede sein, nur in den seltesten Fällen. Wir setzen unseren Weg fort, ich übernehme die Führung, zumal der gefrorene Harry mit seinen Eishandschuhen heut keine Schraube mehr bedienen kann. Schöne leichtere Meter folgen in einem Gully, bis wir schließlich an einem Baum den Rückzug antreten.
Ein interessantes Abseilmanöver und wir befinden uns beim Abstieg. Nachdem unsere 2 Freunde noch in der Säule nebenan hängen, beschließen wir, unsere Route ein zweites mal anzugehen, nur diesmal auf dem Originaleinstieg. Ich starte hinein, anfangs noch recht flink, aber dann immer langsamer, meine psychische Energie ist aufgebraucht, ich schaffe kaum noch Meter. Eisklettern ist einfach nicht meine Stärke, Männersportart, basta. Am Stand endlich, Harald ist unterdessen wieder eingefroren, der Arme, nur diesmal warm in die Daune eingepackt. Souverän meistert er die Seillänge, da kann ich mir ein Scheibchen abschneiden:-)
Am Sonntag haben wir Ueschenen aufgesucht, das Mixed- und Drytooling Gebiet in Kandersteg schlechthin. Leider suchen Eiskletterer um diese Jahreszeit das Gebiet wohl eher selten auf, von wegen breite Spur, die uns hinaufführen soll. Wir spuren 2 Stunden durch knietiefen Schnee. Doch zu Viert lassen wir auch dieses Hinderniss passieren, schließlich wartet Ueschenen!
Und es hat sich gelohnt: das Geilste, was mir je unter gekommen ist! geniale Routen, fragile Zapfel, gute Absicherung, traumhaftes Ambiente. Kletterherz- was willst du mehr? Und zudem ein extrem hookfreundlicher Fels. Wir pumpen uns abwechselnd die Arme auf, feuern an, fighten, fluchen, stopfen uns getrocknete Feigen für die kontinuierliche Zuckerzufuhr hinein und haben einfach nur Spaß beim Zuschauen, wenn sich die anderen abmühen. Um halb Fünf machen wir uns an den Rückweg, bergab gehts zum Glück etwas leichter, auch wenn der Schnee in alle Ritzen kriecht.
Zufrieden und völlig ausgelaugt sitzen wir beim Abschluss-Bier in der Bar zusammen und sind uns einig: cooles Wochenende, im wahrsten Sinne des Wortes!
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