Es gibt solche Tage, die von Wehmut überschattet werden. Dabei scheint alles perfekt zu sein: mir liegt der komplette hintere Sihltalkessel zu Füssen, eine Spielwiese ohnegleichen, bestehend aus geschützten steilen Schattenhängen, die noch nicht allzu viele Spuren aufweisen (und dass nach 14 Tagen ohne Neuschnee!). Dazu keine Menschenseele am Weg, nur ich und die Natur, die heute besonders sanft mich empfängt. In der Sonne angenehm, aber nicht zu heiss, im Schatten angenehm, aber nicht kalt, dazu windstill. Die Fernsicht ist überwältigend, ich überblicke zur einen Seite das ganze Flachland mit den eingelagerten Seen, auf der anderen Seite thronen die mächtigen 3000er.
Doch der Tropfen Wehmut liegt im Detail. Immer wieder denke ich an meinen Liebsten, der zu Hause die Bandscheiben-OP auskurieren muss. Wie gerne hätte ich diesen brutal genialen Tag mit ihm zusammen geteilt! Oder auch mit einem guten Freund! Schliesslich bleiben alle Erinnerungen an heute in meinem Gedächtnis archiviert, doch es ist und bleibt eben doch nur die halbe Freude.
Chläbdächer, Höch Hund und Mieserenstock, allen Dreien bin ich aufs Haupt gestiegen. Ohne Hetze, doch konstant. Bin gekräuselten Uraltpowder hinabgedüst, hab meine Spuren selbst gewählt. Alles schöne Momente, im eigenen Rhythmus unterwegs sein zu können, alles fällt so leicht, man kennt sich selbst doch am besten. Entscheidungen fallen aus dem Bauch heraus, laufen im Unterbewusstsein ab, dahinten lockt ein schöner Hang, meine Wahl fällt auf ihn ohne zu zögern. Alles fliesst, es gibt keine Kompromisse, keine Einschränkungen.
Sich selbst spüren, demütig vor der weiten grossen Natur und voll verantwortlich sein für sein Handeln, das ist grossartig, das sind tiefe Momente des Seins, dafür gehe ich alleine auf Tour.
Und doch! Der Mensch ist eben kein Einzelgänger! Alleine in der Bergwelt unterwegs zu sein lehrt mich immer wieder, dass das Tanzen auf der Gratschneide zwischen dem Ausleben des Ichselbst und meiner Umwelt ein balancereicher Akt ist...
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