Haggenegg-Haggenspitz-kl.Mythen-Vorgipfel-Alp Zwüschet Mythen-Chalberstöckliroute-gr.Mythen-Rotgrätli-Mythenmatt-Schafweg-Holzegg-Alp Zwischet Mythen-Haggenegg)
Tropf, tropf. Zum tausendsten Male wische ich mir mit erdigen Fingern den Schweiss von der Stirn, es brennt in meinen Augen. Dabei bewege ich mich noch immer im Schatten. Doch der Anstieg auf die Haggenspitz ist steil, ich kenne ihn recht gut, drücke auf die Tube. Es macht einfach Freude nach so langer Zeit der Entbehrung wieder im alpineren Gelände unterwegs sein zu können. Hohe Rasentritte wechseln mit abgespeckten Felsaufschwüngen, ab und an überwindet man die Stufen auch mittels Wurzeln, die feste Griffe bieten. Nach 35min stehe ich schon oben am Gipfel, mein Blick schweift zuerst über die lieblich grünen Wiesen des Alptales, dann tritt der von hier aus markante kleine Mythen ins Blickfeld. Steil schaut er aus, zum Glück weiss ich, was mich erwarten wird. Der kleine Mythen stehlt dem grossen Mythen fast die Show und dann, auf der rechten Seite, der tiefblaue Vierwaldstätter und Lauerzer See, inmitten die dunkelgrüne Rigi.
Dass es heute besonders trocken ist, möchte ich nutzen und wähle einen neuen Aufstieg am gr. Mythen. Die Chalberstöckliroute lässt sich perfekt an die kl. Mythenüberschreitung anhängen. Doch noch folge ich dem gut ausgetretenen, unübersehbaren Steiglein hinüber zum kl. Mythen Vorgipfel, nette Kraxelei mitinbegriffen. Ein letzter Blick in den Führer, ich versuche mir den langen Text zu merken. Doch im Endeffekt bedarf es dieser Vorbereitung nicht wirklich, der Anstieg über das Chalberstöckli auf den gr. Mythen wurde mit Punkten markiert, ist ganz passabel ausgetreten und somit auch ohne Führerangaben easy auffindbar. Vorausgesetzt, man findet den ersten Punkt;-)
Mein alpiner Spürsinn lässt mal wieder zu wünschen über, ich kämpfe mich an der falschen Seite des Schotterfeldes mühsam hinauf. Gar nicht so leicht ohne Steinschlag auszulösen das obere Ende zu erreichen, denn unterhalb verläuft der Wanderweg, Vorsicht ist also angebracht! Dann stolpere ich über die erste Markierung, die Route beginnt.
Botanisch geht es zu, schwarze Erde bröselt unter meinen Füssen und sammelt sich unter den Fingernägeln, es pickt und klebt auf der Haut. Meistens gehts auf allen Vieren die steilen Schrofen hinauf, der Puls schnellt abermals in die Höhe. Einige Stellen sind mit Seilen ausgestattet oder dünnen Ketten. Imposant wird dann der Ausstieg, auf einem grasigen Grätchen gehts die letzten 30m zur bereits sichtbaren Versicherung des Normalweges. Gamsen zu meiner Linken, Gamsen zu meiner Rechten und natürlich ein toller Tiefblick.
Vom Fahnenmast am Gipfel des gr. Mythen steige ich rasch die grossen Tritte nordwärts hinunter, das Getümmel bleibt hinter mir, ich verschwinde wieder in meine Welt. Konzentriert gehts den Markierungen nach, steil hinab. Im Abstieg sind sie teilweise gar nicht so leicht zu erkennen, doch mit etwas Gespür lässt sich das Rotgrätli tadellos auch im Abstieg bewältigen. Das ist das Tolle am Mythen, du kannst wählen zwischen chilligem Normalweg, Nussgipfeli und Jausenbrettl mit 100 Anderen, oder aber auch zwischen den interessanteren Anstiegen am Mythen, die bei guter Trittsicherheit und Schwindelfreiheit Berggängern wärmstens empfohlen werden können! Da lässt sich der Spürsinn schulen, die Koordination auch im brüchigen Gelände trainieren. Und wer will, kann sogar die schwierigsten Stellen sichern. Bohrhaken gibt es meistens zu Genüge an den entscheidenden Stellen.
Puh, das Nollenbrünnli ist erreicht, ich kippe mir erstmal einen guten halben Liter frisches Bergquellwasser die durstige Kehle hinunter. Nachdem der Wyss Nollen umgangen ist, erinnere ich mich an den Südgrat, welcher über 3 SL in einem Riss überwunden wird. Nur leider stimmt die Beschreibung im Führer nicht wirklich, ich verhaue mich in übelsten Schrofen. Mein Rückzug kostet Zeit und Nerven, dafür entdecke ich freudig an meinem Umkehrpunkt einen uralten Stand mit Abseilkarabiner. Da haben sich wohl schon mehrere verkoffert?;-)
Zurück am markierten Schafweg ist der Normalweg, der Serpentinenweg am Mythen, schnell erreicht. Der Südgrat muss ein anderes Mal fallen, ich trabe zufrieden über Stock und Stein zum Auto zurück.
Info Chalberstöckli-Anstieg:
Weniger häufig begangen als die kl. Mythenüberschreitung, dafür aber sehr gut markiert und an einigen Stellen mit Material ausgestattet. Trotzdem sind die Anforderungen an die Trittsicherheit etwas höher, die hohen Grastritte sind nicht so solide wie gegenüber am kl. Mythen. Es darf auch weniger gekraxlt werden. Alles in allem etwas botanischer und dreckiger, aber für Liebhaber solcher Anstiege durchaus eine lohnende Alternative, vorallem in Verbindung mit der Überschreitung und Abstieg über das Rotgrätli/Schafweg. So betritt man nur kaum die Zivilisation am Mythen;-). Den Sattel beim Chalberstöckli und somit den Einstieg in die Route erreicht man am besten über den linken Rand des Schotterfeldes, so werden die Wanderer darunter weniger durch Steinschlag gefährdet. Die Attraktion bei regem Betrieb bleibst du aber trotzdem.
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