NW-Grat:
Ungläubig reibe ich mir die Augen als ich in weisser Schrift "Westgrat" und einen Pfeil kurz vor dem Einstieg in die Rinne, welche in 3 kurzen Seillängen zum Grat hinaufbefördert, aufgepinselt lese. Anscheinend wurde der Nordwestgrat auf die Schächentaler Windgällen salonfähig gemacht. Und siehe da, 4 blinkende Kettenstände in der noch feuchten Rinne leuchten mir entgegen, dazwischen vereinzelt BH. Dabei ist eigentlich nur der Einstieg mit zwei, drei Kletterzügen in schmierig feuchtem Fels, sowie der Ausstieg auf den Grat durch einen kleinen Kamin, wirklich zum Klettern, der Rest ist Gehgelände mit Händen und Füssen.
Weisse Pfeile und Steigspuren leiten auch weiterhin über den mit Schutt übersähten Grat. Anfangs noch schmal geht er in eine Art Flanke über, wobei der erste steilere Aufschwung von links nach rechts über Bänder erklettert wird. Eigentlich jeweils ganz kleine Wandstufen mit guten Griffen und Tritten. Danach folgt auch schon die Crux, ein 8-10m hoher, steiler Aufschwung, der über eine deutliche Rissverschneidung erstiegen wird. A0-mässig abgesichert und mit Schlinge drin. Das Problem sind an dieser Stelle die Füsse, die einmal auf Reibung recht hoch antreten müssen. Zum Glück hats fette Henkel;-)
Danach gehts ein Stück über Schutt eben weiter bis zum finalen Aufschwung, wobei der erste kleine Aufschwung rechts umgangen werden kann, um dann sofort danach über eine Rinne wieder den Grat zu erreichen. Gutgriffige Kletterpassagen folgen in logischer Abfolge bis die letzte kleine Kraxelei erledigt ist. Abschliessend easy dem Kamm entlang bis hinauf zum Gipfelsteinmann und Gipfelkreuz.
SO-Kante:
Mit Punkten markiert leitet der Normalweg durch die Südflanke. Die Crux ist hierbei nicht von einem Stein getroffen zu werden, wenn mehrere Wanderer unterwegs sind. Doch zum Glück schlängelt sich der Abstieg dahin und man quert grösstenteils. 2 Passagen sind mit Ketten und Trittstiften ausgestattet. Sobald die letzte Rinne hinter sich gebracht und der Abstieg flach wird, sieht man bereits den fetten Steinmann auf einem kleinen Hügel, von wo der Abstieg weiter über das grosse Schuttband (sehr imposant!) rechterhand verläuft. Schliesslich trifft man wieder auf die bereits bekannte Aufstiegsroute zum Alpler Tor.
Einen kleinen Abstecher zum Läged Windgällen lass ich mir nicht entgehen, die Tiefblicke in die brüchig steilen Rinnen auf der Südseite sind fantastisch. Steinmänner leiten den Weg.
Fazit:
Keine Ahnung, warum der Anstieg über den NW-Grat mit so zahlreichen Silberlingen bestückt wurde, denn als lohnende Kletterei ist der Anstieg definitiv nicht einzustufen. Da gibt es viel schönere und genussvollere Kraxeleien auf der gegenüberliegenden Seite in festem Gneis (Richtung Susten). Die Kletterstellen sind überschaubar und an einer Hand abzuzählen und ansonsten steigt man halt über viel Schutt...Ein typisches Scramblinggelände eben, für den fortgeschrittenen Scrambler, der nicht vor einer kurzen, steilen Rissverschneidung zurückschreckt. Und mit dem Abstieg über den Normalweg ergibt sich eine feine Rundtour nicht zu grossen Ausmasses.
Das Ambiente ist grandios, dolomitenartig. Der Abstieg über das schuttige grosse Band, welches die ganze Südseite durchzieht, erinnert mich schwer an den Heiligkreuzkofel. Und mit den umherziehenden Wolken ein tolles Schauspiel.
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