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Steile Couloirs im Val Ferret und Val d'Arpette, sowie Mont Dolent

Ein Rinnenparadies nahe der französisch/italienischen Grenze, aber noch auf schweizer Seite, welches an mir bisher spurlos vorrübergezogen ist. Quasi weisse Landkarte. Dramatisch eigentlich, denn die Anreise von Zürich mit gut 3 Stunden ist überschaubar und das Potenzial mehr als ergiebig.

 

Über airbnb kurzfristig eine super gelegene, nette Unterkunft in Issère gebucht und schon durfte es losgehen mit den Powderrinnen und 3 Tagen Sonnenschein.

 

Couloirs rund um Aiguilles de Sasses

Momentan kann man mit dem Auto bis ca. 1780m nach Ferret auf der holprigen Strasse hinauffahren. kleiner Parkplatz. Dann heisst es Skitragen für 20min.

Zuerst sind wir Richtung Col du Fourchon hinauf und dann rechts abgezweigt Richtung P2833. Guter Pulver bis ca.2500m, danach ruppig auf Lawinenresten und Harschdeckel hinab auf le Tenarde, wo wir nochmals angefellt haben und Richtung Aiguilles de Sasses loszogen. Im Hauptcouloir war einiges los am Samstag, wir entschieden uns daher ein Couloir weiter westlich 2 frischen Spuren zu folgen. Gute Wahl, Powder vom feinsten!

 

 

 

 

Couloir Nord (linker Arm) Aiguille d'Arpette

 

Vom Lac Champex kann man momentan die super steile Strasse hinauf in den Talgrund (Relais) des Val d'Arpette fahren, grosser Parkplatz. Zu Fuss geht es für 20min bis zum Schneeanfang. Und da von Anfang an in der Sonne rinnt bereits am frühen Morgen der Schweiss. Ganz im Gegensatz zum hinteren Val Ferret, wo wir erst spät das Sonnenlicht zu Gesicht bekamen.

 

Malerisch schön, aber auch einiges los am Anstiegsweg, wobei sich letztendlich die Skitourengänger dann doch verteilen. Wir zielen hinauf zum linken Arm des Nordcouloirs, wo eine Truppe die Tage zuvor ein gute Skispur hindurch gelegt hat. Auch wir können von dieser mit Harscheisen an den Ski gut 3/4 des ersten Couloirs profitieren, dann wird der Schnee zu harschig und steil um noch Meter zu machen. Wühlerei und Buckelei ist also angesagt. Und so kämpfen wir uns spurend zu einem Sattel, von wo eine Querung in das Hauptcouloir führt. Der Schnee wird nicht besser, harte Brocken, Schollen und ein griesiges Gemisch erleichtern uns die Spurerei nicht gerade. Nach oben hin steilt sich das Teil richtig auf und erreicht 50Grad, und schmal dazu auch noch. Ich für mich weiss bereits jetzt schon, dass ich diese 30Hm die Ski wieder zurücktragen werde...

 

Anstrengend und monoton, das ist Couloirskiing, aber gleichsam reizvoll und befriedigend. Über easy Kraxelei erreichen wir vom Ende des Couloirs, von wo ein Wahnsinnsblick auf den Glacier d'Orny frei wird, den kleinen Gipfel der Aiguille d'Arpette (P3059). Fast windstill, wenn auch frisch, geniessen wir diesen Augenblick ganz alleine dort oben zu sitzen und lauter neue Gipfel um uns herum bestaunen zu dürfen.

 

Dass die Abfahrt mehr spektakulär als genussvoll ist, nun ja, das schmälert trotzdem keinesfalls das Skitourenerlebnis des heutigen Tages. Und weiter unten wartet dann ja noch dieser perfekte Frühjahrssulz mit der Achterbahn zum Schluss durch den lichten Lärchenbestand....

 

 

 

 

Mont Dolent, Südanstieg von La Fouly

Zur Draufgabe noch ordentlich viele Höhenmeter. Nur zögerlich kann ich mich dazu entscheiden, diese Tour am Montag noch anzugehen. Bis Mittag soll es noch wolkenlos sein, danach die Wolkendecke überschwappen. Hmmm, ja, nein, jain, vielleicht? Okay, wir versuchen es. Start ist um 6Uhr in La Fouly.

 

Mit gebuckelten Ski geht es für 15min Richtung Combe des Fonds. Einer gewaltigen Schlucht mit schiefrigen Aussenwänden. Dann lassen sich bereits die Ski montieren und auf der gefrorenen Schneedecke steigen wir mehr oder weniger in einem Rutsch bis zum Petit Col Ferret auf, wo wir für die Querung sicherheitshalber die Harscheisen montieren. Eigentlich ist es überall strahlend blau, nur hier oben hängt eine fette Wolkendecke, es windet stark und wir stecken im Nebel. 

 

Zum Glück gibt es unzählige Abfahrtsspuren und wir nehmen die Verfolgung auf. Auf Höhe des Biv. Fiorio verliere ich langsam meinem Optimismus, noch immer stecken wir im Nebel, es ist kalt und grausig. Hätten wir doch besser wieder ins Val d'Arpette gehen sollen...Aber aufgeben? Nein, noch nicht, irgendwann spitzelt dann doch mal wieder ein Sonnenstrahl durch ein Wolkenloch hindurch und wir fassen neuen Mut weiter zu gehen. Auf 2900m dann endlich der Durchbruch. Juhu, blauer Himmel, überall, yes, und das Wolkenmeer alsdann zu Füssen.

 

Wir steigen immer weiter auf guter Spur, so dass bis zum letzten steilen Aufschwung, den wir über rechts passieren, keine Harscheisen benötigen, auch wenn der Schnee zum Teil doch recht eisig ist. Beim Col dann Skidepot für mich, Harald trägt mal wieder gerne die Ski mit, und umsatteln auf Steigeisen und Pickel. In griffiger Spur geht es spielend leicht hinauf bis zur Himmelsleiter, welche in wenigen Metern hinüberführt zur Madonna und dem höchsten Punkt des Mont Dolent.

 

Wow, ich staune, mir bleibt der Mund offen. Es ist frisch und ein Lüfterl weht, doch das stört mich in diesem Moment kaum. Wie versteinert und erstarrt stehe ich dort oben mit Harry, wir haben den Gipfel für uns alleine. Die Aussicht ist schier überwältigend. Freiheit? Ja , dieses Gefühl empfinde ich genau in diesem Augenblick. Ein weiterer flotter "vonunten"-Geher stösst zu uns herauf. Erst als eine geführte Gruppe im Anmarsch ist, machen wir uns an den Abstieg und die endlosen Firnhänge hinab nach La Fouly, bis die Oberschenkel brennen...

 

Tal-Gipfel: 4h20min, 2260Hm

Gesamt: 20km, 6h30min

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Patricia Neuhauser

 

Sportwissenschafterin, MSc

Präsidentin Verein trail-maniacs

Online-Autorin SAC Tourenportal

Autorin Trailrunning Guidebook

 

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