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Skitour Wetterhorn und Mittelhorn

Berge sind geduldig. Berge stehen mehr oder weniger unverändert über die Zeitspanne deines Lebens da. Klar, ab und an bröckelt etwas, hier und dort erodiert die Berggestalt. Doch im Endeffekt stehen sie immer am gleichen Fleck und wechseln lediglich ihr Kleid, je nach Jahreszeit. Ein Massstab also. So richtig bewusst wird mir diese Tatsache bei unserer Skitour zum Wetterhorn. Vor 15 Jahren, im Sommer 2003, bin ich diesem Klotz von Berg das erste Mal gegenüber gestanden. Noch als Schülerin, unerfahren, eine völlige Novizin. Das Wetterhorn sollte der Abschlussberg einer Alpenvereinsausbildungs-Tourenwoche werden, auf der wir Kenntnisse und Fähigkeiten zum Begehen von Gletschern und allgemein dem Bergsteigen, vermittelt bekommen hatten. Leider spielte das Wetter damals nicht mit und wir fuhren unverrichteter Dinge wieder nach Hause ins Saarland. Mein erster Kontakt also mit hohen Bergen, mit Gletschern und alpiner Umgebung. Zuvor waren wir lediglich im Allgäu Wandern...

 

Doch dieses liebliche Rosenlauital hinterliess seine Spuren bei mir. Ich war Feuer und Flamme fürs Bergsteigen, ich wollte mehr. Aus den grünen Wiesen ragten diese mächtigen grauen Felswände empor und überschatteten das gesamte Tal. Ein Anblick, der mich noch heute ins Staunen versetzt. Nun stehe ich also 15 Jahre später hier oben am Wetterhorn, mein Blick fällt tief bis nach Grindelwald in den bereits schon frühlingshaften Talboden. 15 Jahre, in denen sich so viel getan hat. Zum damaligen Zeitpunkt konnte ich noch nicht mal Ski fahren, hatte keinen Ausdauersport gemacht, war noch nie klettern, wusste nicht, was Skyrunning ist,...Noch vor etlichen Jahren wäre das Wetterhorn als Tagesskitour unmöglich für mich gewesen, heute starten wir beim Parkplatz in Rosenlaui um 6:45Uhr und erreichen den Gipfel zur gleichen Zeit mit denjenigen, die bereits in finsterer Nacht losmarschiert sind. Und weil noch nicht genug, hängen wir das Mittelhorn noch dran, so dass 2600Hm am Ende auf der GPS-Uhr stehen. Krass? Nein. Es ist alles relativ. 

 

Jedenfalls kommen mir beim Anstieg über den bestens eingeschneiten Gletscher immer wieder diese Bilder vom damaligen Eiskurs in den Sinn. Sie zeigen mich, für heutige Verhältnisse, mit unangemessener Ausrüstung, "heavy duty" anstatt "fast and light". Doch mein Gesicht strahlt, ich fühle mich sichtlich wohl im Element Fels, Eis, Schnee. Mir kommen auch diese ganzen früheren Abenteuer in den Sinn, wo wir gerüstet mit dem Wissen aus dem Eiskurs, aber ohne jegliche Erfahrung, für 3 Wochen in die Alpen gefahren sind zum Bergsteigen. Ohne Geld, wir waren ja Schüler. Und dann draussen gezeltet haben und bei Wind und Wetter die höchsten Gipfel erklimmen wollten. Manchmal mit Erfolg, meistens ohne. Eroberungsalpinismus.

 

Mittlerweile plane ich minutiös meine Touren, bin durch die ganzen Tourenportale und Datenbanken über Verhältnisse bestens informiert, strotze vor Kondition und Wissen, kann auf das leichteste und modernste Material zurückgreifen. Doch sind meine Touren jetzt besser? Ich strahle jedenfalls genauso wie auf den Fotos vor 15 Jahren, ok zugegeben, mit ein paar mehr Falten im Gesicht und kantigeren Gesichtszügen. Aber bin ich glücklicher? Alles ist relativ. Das Wetterhorn steht jedenfalls noch genauso da wie vor 15 Jahren, ich aber habe mich verändert. Ich bin gewachsen.

 

Verhältnisse:

Vom Parkplatz weg kann noch mit Ski gegangen werden, wobei im Wald 2 ganz kurze Tragepassagen sind. Aufgrund von grossen Nassschneelawinen ist der Anstieg über die in der Tourenkarte eingezeichnete Abfahrtsroute ins Rosenlaui zu empfehlen, da der normale Anstieg durch die breiten Lawinenbahnen recht mühsam ist. Die Gipfelflanke (45°) war leider bei unserer Abfahrt pickelhart, da sie felsdurchsetzt ist, sollte man sich bereits beim Anstieg ab dem Wellhornsattel die Abfahrtsroute merken. Der Anstieg durch das Couloir vom Skidepot ist problemlos mit Steigeisen möglich, tiefe Tritte. Zum Gipfel hin steilt es sich nochmals auf. Kein Eis, kein Felskontakt, nur gut gefrorener Schnee.

 

Tipp:

Vom Wettersattel die 200Hm zum Mittelhorn mitnehmen (zuerst mit Ski, dann stapfend, gute Spur, einfach) und direkt vom Gipfel mit den Ski abfahren. Zuerst entlang des Nordgrates, dann über die Ostflanke. Spart den Gegenanstieg zum Wellhornsattel und man hat noch einen zweiten Gipfel;-)

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Patricia Neuhauser

 

Sportwissenschafterin, MSc

Präsidentin Verein trail-maniacs

Online-Autorin SAC Tourenportal

Autorin Trailrunning Guidebook

 

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