Reichlich spät eröffnen wir 2019 unsere Mehrseillängensaison. Aber besser spät als nie und mit den Ereignissen der letzten Wochen im Gepäck brauchen wir für heute etwas Genüssliches. Die Mittagfluh bietet zum Auftakt der Saison sonnenverwöhnten Fels, rauschendes Ambiente und geneigten, griffig-strukturierten Gneis in den unteren Schwierigkeitsgraden. Eine gute Wahl, wenn auch wir nicht die Einzigen mit dieser Idee an diesem sonnigen Samstag waren.
Für den Zustieg empfiehlt sich momentan noch ein Pickel und Schneeketten, das Schneefeld am Einstieg der Südwandrouten ist noch ziemlich mächtig und wird vermutlich auch noch eine Weile überdauern. Ist der etwas holprige Einstieg gemeistert, startet die 2014 sanierte "Fritz und Franz im nüe Glanz" als rechteste der Südwandrouten. Überall baumeln Schuhe am ersten Haken, Pickel und Steigeisen liegen verstreut am Übergang vom Schnee zu Fels. In jeder Route klettert mindestens eine Seilschaft, oftmals eher zwei oder drei. Da die Routen aber, mit Ausnahme der Südkante, allesamt etwa gleich vom Anspruch her sind, empfiehlt es sich wegen Steinschlag in eine der freien bzw. weniger überrannten Routen einzusteigen. Besonders auf den ersten beiden Seillängen liegen viele lose Steine, die besondere Obacht und Vorsicht verlangen.
Gespickt mit ein paar wenigen Passagen, die ein beherztes Antreten erfordern, offenbart sich uns die Fritz und Franz als reine Genusstour. Die Hände sind lediglich zum Gleichgewichthalten, der Blick richtet sich stets auf die Füsse und scannt die Felsstruktur auf Tritte ab. Ein genüssliches Höhersteigen, ideal um wieder ins Mehrseillängenklettern hineinzufinden. Mit Lili als Guide in unserer Dreierseilschaft, schnurren wir Seillänge um Seillänge hinauf und staunen nicht schlecht, als wir zum Schluss hin sogar noch auf eine holländische Seilschaft auflaufen. Es zeigt sich, wer geübt im Umgang mit Seiltechnik ist, eine Dreierseilschaft muss nicht zwangsläufig langsamer sein. Wenn jeder, am Stand angekommen, seine automatisierten Handgriffe ausübt, gibts keinen Seilsalat und immer gute Stimmung.
Noch ein Wort zur Absicherung. Die Routen an der Mittagfluh sind plaisirmässig (gut) abgesichert, was nicht heisst, dass du hier unbedingt an deiner Sturzgrenze klettern solltest. Wer aber mit Luft nach oben antanzt, wird sichtlich mehr Freude haben. Dann läuft es an der Mittagfluh wie am Schnürchen und du hast die freie Auswahl, in welche Route du einsteigen kannst. Wenn der Bach am Abstiegsweg noch so viel Wasser führt, wie momentan, empfiehlt es sich über die Route abzuseilen. Auch wenn die Wand flach ist und ein paar lose Steine auf Abflug warten, vollzieht sich das Abseilen in der Regel unproblematisch und doch noch recht flott, da die Seillängen recht lang sind (in der Fritz und Franz oftmals 50m!).
Fazit: Nette Route ohne besonders eindrucksvolle Seillängen, aber drei, vier sehr schönen Passagen, die das Klettererlebnis überdauern werden.
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