So gespalten wie das Horn, so gespalten zeigt sich auch der Skyrun zum Gspaltenhorn. Im hintersten Kiental versteckt sich die dunkle Bastion aus wilden Zacken und ziemlich viel Schutt. Dabei gestaltet sich die Kletterei oben am Leiterngrat durchaus lustvoll. Name ist Programm. Nicht wegen den Leitern aus Seiltauen, die die steilsten Passagen sichern, sondern wegen dem Gestein, welches perfekt zum Klettern in schönen Stufen geschichtet aufeinander thront. Der Anfang ab der Griesalp bis zur Alp Gamchi ist von Strassen und breiten Kieswegen gekennzeichnet, und doch nicht uninteressant. Vielmehr eignet er sich bestens zum Warmlaufen und ermöglicht als Hans-Guck-in-die-Luft die Landschaft zu geniessen, ohne zu stolpern. Denn auf Almwiesen und Ferienhäuser zum Träumen folgen tiefe Schluchten mit wilden Gesteinsschichtungen und der Blick auf schneeweisse Gletscherabbrüche.
Originell verläuft der Wanderweg zur Gspaltenhornhütte entlang einer Felswand, welche besonders im Hochsommer Abkühlung spendet, da es überall aus den Felsritzen tröpfelt und plätschert, Regenschirme hängen an den beiden Enden dieser Passage, doch der überhitzte Trailrunner greift wohl kaum zu dieser netten Geste und lässt sich mit eiskaltem Gebirgswasser erfrischen.
Schliesslich teilt sich der Weg in einen Direktanstieg und einen Moränenweg hinauf zur Hütte, Wir entscheiden uns für ersteren und schreiten flotten Schrittes voran, die Uhr zeigt 1h30min, als wir die Hüttenterrasse betreten. Aufbruchstimmung herrscht, eine Horde Wanderer flüchtet in die noch angenehm kühle Luft hinaus, es soll heute der letzte Tag der Hitzewelle werden. Die Wanderer, wie auch wir tun also gut daran, ihr Vorhaben in die Morgenstunden zu verlegen.
Der Blick hinauf zum Bütlassensattel lässt erahnen, dass es auch trotz der klassischen Morgenstund-hat-Gold-im-Mund Weisheit, ein schweisstreibender und mühsamer Anstieg werden wird. Ein Schönheitsfleck sozusagen der ansonsten wunderbaren Skyrunningtour. Doch wie heisst es so schön, man muss es sich redlich verdienen. Wir kämpfen uns also stur diese verflixten 500Hm über Schutt und Geröll empor. 2 Schritte vor, einer zurück und ein dritter im Slidemodus zur Seite. Arrrggggghhhh.
Dafür erfüllt die Sonne ab dem Bütlassensattel Herz und Gemüt, es ist windstill und ein magisches Licht liegt über dem Sefinental. Perfekt um eine Pause einzulegen und die Kletterausrüstung parat zu machen, wenn sie denn gebraucht wird. Der routinierte Scrambler wird sie vermutlich eher zuhause lassen, der Einsteiger greift dankbar auf die vielen Sicherungsstangen und Seile zurück. Ein Helm tut in beiden Fällen Gutes, besonders, wenn sich mehrere Seilschaften im Anstieg/Abstieg befinden.
Ein Trampelpfad zieht über den ersten Geröllrücken, dann folgen auch schon luftige Klettermeter im 2. Schwierigkeitsgrad und ein steiler Kamin zum Abklettern (3a), der zur Zeit nur ein kurzes Seilstück aufweist. Ein Blick durchs Felsenfenster, entlang der abgeschmolzenen Firnschneide hinauf über Platten und Seile zum steilen Aufschwung, der mit wunderbaren Stufen auch in freier Kletterei nicht den 3. Schwierigkeitsgrad übersteigt. Bald darauf stehen wir auch schon am Gipfel, nach 3:45h Stunden (inkl. Pausen), seit Aufbruch bei der Griesalp, klatschen wir ab. Wow, das ist mal ein Skyrun, perfektes Gelände für Sologeher, ohne Gletscher und so, und mit entschärfter Kletterei. Eigentlich ideal um einen persönlichen Rekord in Angriff zu nehmen…
Dass heut ein mega heisser Tag bevor steht, erleben wir bereits auf Gipfelhöhe. Wir befinden uns auf 3436m, in kurzen Hosen und verschwitztem T-Shirt und frieren nicht. Die Klimaerwärmung macht mir in diesem Moment Sorgen, das schöne weisse Bild der Blüemlisalpnordseite wird verschwinden und so ein hässlicher Schutthaufen zurückbleiben. Nunja, wir werden uns vermutlich daran gewöhnen müssen, ob wir wollen oder nicht. Und ich vermute, dass solche Anstiege, wie auf den Bütlassensattel, Vorgeschmack sind auf das, was uns in 30 Jahren erwarten wird. Ein Landschaftsbild ohne diese mächtigen Eisriesen, oftmals mühsam und eintönig zu ersteigen. Ich hoffe inbrünstig, dass meine Vermutung nur ein schlechter Traum bleiben wird…
Um so lieblicher das Bild wieder zurück unten im Tale. Die Alp Gamchi dient uns als Erfrischungspunkt und wir bestellen uns 2 halbe Liter eisgekühlte frische Milch mit einem hausgemachten Aprikosenkuchen dazu. Traumhaft. Bergidylle wie aus dem Bilderbuch und mittendrin zwei happy Runner.
Infos Gspaltenhorn:
Start und Ziel Griesalp im Kiental (mit Auto/Bus erreichbar, 10CHF Parkgebühr)
über Alp Gamchi, Gspaltenhornhütte, Bütlassensattel und Leiterngrat zum Gipfel und retour
Distanz: 20km
Höhenmeter: 2050Hm
super Einkehrmöglichkeit: Alp Gamchi
Material am 25.07.2019
Trailrunningschuhe Inov-8 X-Talon 212
Helm
nicht gebraucht: Gurt Camp Alp Racing, 30m Halbseil, Snowline Chainson Light, 2 Express, Karabiner, Abseilgerät, Bandschlinge
immer dabei: Erste Hilfe + Biwaksack + Notstirnlampe
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