Das ist so eine zwiespältige Geschichte mit meinem Freund, dem Herrn Nebel. Auf der einen Seite liebe ich ihn, auf der anderen nunja, hasse ich ihn. Freud und Leid, blau und grau, die bekannten zwei Seiten der Medaille. So auch heute am Leissiggrat...
Dass wir den Tag nicht ideal für diese Route ausgesucht hatten (Nässe aus der Nacht heraus, Nässe durch Nebel), war mir bewusst, doch versprach der Wetterbericht im Laufe des Tages immer mehr Sonne. Andrea hoffte also am Nachmittag auf eine Lücke im dichten Wolkenmeer um bis nach Interlaken mit ihrem Gleitschirm fliegen zu können, mir sollte der lange Abstieg nicht erspart bleiben. Dass wir letzen Endes doch gemeinsam nach Saxeten über den Rengglipass abstiegen, verdanken wir unserem Freund, dem Herrn Nebel. Dem einen Leid, dem anderen Freud....
Der Leissiggrat wird am besten nordwestlich des Rotenegg bei P1776 erstiegen. Trittspuren folgend geht es im stetigen Auf und Ab, meist recht botanisch zur Sache. Wenn dann noch Nässe hinzukommt wie bei uns, wäre Regenbekleidung die deutlich bessere Option als Wanderhosen aus saugendem Stoff und Trailrunningschuhe ohne Goretex. Erst ab dem Gross Schiffli nimmt die Botanik ab, es geht über klassische Rasentritte und ein paar Felsen voran. Die Sonne kämpft indessen mit dem Nebel und scheitert abermals. Da der Leissiggrat aus einem steten Auf und Ab besteht und erst zum Abschluss kontinuierlich ansteigt, tauchen wir unterdessen immer wieder tief in die Nebelsuppe ein. Immer dann, wenn wir glauben, "jetzt kann es sich nur noch um weniger Meter bis zum Durchbruch handeln", steigen wir schon wieder 50m ab um auf dem nächsten Gupf von Neuem Hoffnung zu schüren.
Endlich, kurz vor dem letzten grossen Aufschwung, der noch eine kleine Kletterstelle parat hält, lüftet sich das Grau und tiefes Blau erheitert unser Gemüt. Die hohen Grindelwald Berge leuchten uns entgegen, die Niesenkette lugt aus dem Nebelmeer heraus. Das sind dann die Momente, wo alle Müh schlagartig weicht und uns das zufriedene Strahlen in die Gesichter zaubert, einen wunderbaren Bergtag mehr in die Analen eintragen zu dürfen...
Kommentar schreiben