Aosta - Zufluchtsort für Wärmehungrige und Herbstverlängerer. So einen goldenen Herbst wollte ich schlichtweg noch erleben, bevor ich die langen Latten auspacke. Leuchtend gelbe Lärchen und Birkenbäume, rotgefärbte Polsterpflanzen und ein sanftes Licht, das der Natur kurz vor dem Winterschlaf das I-Tüpfelchen in Sachen Schönheit aufsetzt. Diesen Seelenbalsam fanden wir im Naturpark Mont Avic rund um das Rifugio Barbustel, ein Fleckchen Erde, das ich mir nicht schöner zeichnen könnte. Glasklare Seen liegen hier zwischen Gneisfelsen und Lärchen eingebettet, lieblich und offen. Aber auch ein letztes Mal im T-Shirt Mehrseillängen klettern zu können, übertrifft meine Erwartungen bei dem vorausgegangenen Kälteeinbruch der letzten Tage. Sonnengewärmter, fester Gneis unter den Bürohänden zu spüren, erfreut das Gemüt und macht definitiv Lust auf mehr, auch wenn am Paretone der Lärm der Autobahn beim Klettern immer präsent ist. Dafür ist das Routennetz grosszügig und der Zustieg kurz, also maximal viel Klettern für wenig Einsatz. Und zum Abschluss wartet noch beim Ausstieg der 9-SL Routen das Forte Machaby, wo auf der Sonnenterrasse zwischen Kastanien Cappuccino, ein kühles Bier oder auch Polenta genossen werden kann. Wer hier azyklisch unterwegs ist, wird mehr Freude haben. Verständlicherweise sind die Routen am Paretone immer gut belegt, besonders am Morgen am Wochenende.
Klettern
- Etwas südöstlich von Arnad sticht bereits von Weitem der Plattenpanzer des Paretone ins Auge, wir haben zwei Klassiker dort in Angriff genommen: bucco d'arancia und diretta al banano. Beide sehr empfehlenswerte Routen, wobei die bucco d'Arancia doch schon recht abgegriffen ist und eher klassische Kletterei aufweist. Wir empfanden sie schwieriger als die bucco d'arancia.
- Gleich neben der Osteria l'Arcaden steht der Klettergarten (mit Mehrseillängen) la Gruviera. Inexistenter Zustieg, gemütliches Ambiente und gute Absicherung kennzeichnen diesen Platz, der immer gut besucht ist. Die Routen sind sehr schön, der Fels ausgezeichnet, auch wenn er hie und da schon etwas abgegriffen ist.
Nächtigen
- Sehr empfehlenswert, weil ruhig gelegen und trotzdem unweit der Kletterfelsen von Arnad, ist das Maison de Noé, das von Andrea, einem Bergführer, geführt wird. Er kennt sich selbstverständlich bestens in der Region und darüber hinaus aus und hat viele gute Tipps parat. Kletterführer gibts in der Unterkunft genauso zum ausleihen, wie auch Kartenmaterial oder andere Informationen. Das Frühstück ist ausgezeichnet, Andrea stets bemüht und der Esel vor der Haustüre in dieser kleinen Steinsiedlung einfach authentisch und aostatypisch!
- Internetseite Maison de Noé
Trailrun / Wandern im Naturpark Mont Avic
Die lange Bergstrasse hinauf nach Champorcher ist zwar kurvenreich, aber gut zu fahren. Da stösst man in den entlegenen italienischen Bergdörfern schon mal auf ganz andere Strassenzustände. Vermutlich weil ein Skigebiet dort oben wartet, uns soll es recht sein. Unser Ausgangspunkt ist Perruchon auf 1530m. Es gibt nur wenige Parkplätze, ansonsten muss man etwas weiter unten in Ronchas oder Chardonney sein Auto abstellen. Es gäbe theoretisch sogar einen Bus nach Champorcher.
Durch die kleine Siedlung von Perruchon hindurch, dann immer dem im Prinzip breiten, aber leider öfters etwas verfallenen Wanderweg am Südhang im Wald oberhalb des Torrente Ayasse entlang bis man schliesslich auf den Wanderweg Alta Via No 2 stösst, dem man über offenes und sehr trailiges Gelände bis zur Verzweigung auf 2100m folgt. Der Wanderweg 9c stiegt nun zuerst über eine Schotterstrasse, in nördliche Richtung an, bei der Alp Giasset geht er in einen ursprünglichen Pfad über, der mit gelben Markierungen gut gekennzeichnet ist. Entlang von herrlichen Bergseen (Lago di Giasset, Lago Raty, Lado di Vernouille, Lago Muffé,...) geht es im stetigen Auf und Ab sehr abwechslungsreich und wild auf einem Art Höhenweg, zur Alpe Muffé, wo man sogar einkehren kann. Hier liesse sich bereits die Runde vorzeitig abbrechen, der Abstecher zum Rifugio Barbustel ist aber das Highlight der Tour und sollte nicht ausgelassen werden. Der ab hier sehr breite und ausgetretene Wanderweg No 10 führt recht schnell zum Colle del Lago Bianco hinauf, von wo sich einem ein neuer Blick eröffnet. Sanft führt er auf der anderen Seite hinab zum Rifugio und den eingebetteten Seen (Lago Bianco, Lago Nero, Lago Vallette,...). Hier genügend Zeit einplanen, man kommt kaum vom Fleck, weil das Panorama so wunderbar ist, dass man ständig stehenbleiben muss zum Staunen und Geniessen. Retour dann wieder auf dem guten, aber immer sehr technischen Weg No 10 über den Pass, an Alpe Muffé vorbei und hinunter nach Petit Mont-Blanc, wo ein weiterer Weg direkt zum Parkplatz nach Perruchon führt.
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