Gleich vorweg, den SW-Grat auf die Schwalmere kann ich definitiv empfehlen. Den Anstieg über den NNW-Grat nur Liebhabern dieses prominenten Berges, der wie eine Bastion von Saxeten und Aeschiried am Ende der Täler wacht. Viel brüchigen Berner Oberland Schutt gilt es zu meistern, wer da nicht fit ist in diesem Gelände, wird kaum Freude an dieser Tour haben, auch wenn wiederum ein Grossteil des Anstiegs über einen Grasrücken führt.
Doch der Reihe nach. Ich starte also im Schlieri, welches per PKW von Aeschiried über eine gebührenpflichtige Strasse (10CHF, Automat hinter der Brücke beim Gasthaus Pochtenfall, Bar oder mit TWINT) zu erreichen ist. Im angenehm frischen Tal, hier kühlt es in der Nacht gehörig ab, geht es ab Mittelberg 300Hm steil, dafür zügig zum Rengglipass hinauf. Der türkisblaue Brienzersee lugt zum ersten mal hervor, den Gratverlauf auf die Schwalmere lässt sich überblicken. Das Rengghorn lasse ich links liegen, ein Steig führt durch die Wiese auf der Westseite bis sich die Spuren verlieren und man ab dort weglos weitersteigt bergan zum P.2134, wo man den Grat betritt. Die nachfolgenden Türmchen lassen sich alle umgehen (rechts, westseitig) und man gewinnt über steile, grasige Schrofen wieder den Grat.
So langsam türmt sich auch das "Highlight", der schwarze, dunkle aus brüchigem Gestein geformte Aufschwung zwischen P.2390 und P.2725 auf. Hier heisst es Augen auf und Vorsicht walten lassen! Prinzipiell sei angemerkt, dass man viel tiefer unten (rechts, westseitig) und länger quert, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Die Bastion wird also sehr grosszügig umgangen. Man trifft auf Steinmänner, die den besten Weg weisen. Später auch auf einen roten Punkt und dann Doppelpfeil, der die beiden Aufstiegsvarianten andeutet. Ich entscheide mich für die direkte über die grauen Felsen hinauf, wirklich zum Klettern ist hier nie etwas. Nur mal zum Abstützen mit den Händen und in einem kaminähnlichen Abschnitt auch zum Hochspreizen. Viel mehr sind in vielen Bögen die einfachsten und am wenigsten schuttigen Bänder zum gehen auszunutzen. Mich erinnert das Gelände sehr an den Rottalgrat bei der Jungfrau. Nie schwierig, aber eben, mit einem guten Riecher die Schwachstellen ausnützend, um so den steinschlägigen Passagen auszuweichen.
Die Chance, an diesem Grat, in dieser einsamen Gegend des Berner Oberlandes, weiteren Berggängern zu begegnen ist zwar nicht sehr gross, aber mir natürlich geschehen: siehe da, zwei weitere Berggämchi rufen mir bereits von weiter oben entgegen, als sie mich entdecken. Es ist Andrea und ihre Kollegin, die von der Schwalmere mit dem Gleitschirm zu Tal fliegen werden. Eine super Sache, denn der Abstieg zieht sich gewaltig.
Sobald man den Grat wieder erreicht hat und der schuttigen Flanke mit ihren brüchigen Rippen und Türmen entkommen ist, noch vor P. 2725, ist die Sache gegessen. Ab hier heisst es Sonne geniessen und vor allem das grandiose Panorama. Die Schwalmere ist DER Aussichtsberg. Mit den Berner Hochalpen, Seen, und weiten grünen Flächen und unterbauten Landschaften vor Augen, lässt es sich hier oben ewig rasten. Vorausgesetzt, du hast so einen raren, strahlend blauen Tag auserkoren für deine Tour. Diese sind nämlich wirklich wenig an der Schwalmere. Der Berg zieht die Wolken förmlich an, hier befindet man sich oft im Nebel einer fetten Gewitterwolke.
Für den Abstieg wähle ich den rot-weiss markierten Weg ins Glütsch hinab. Noch bevor ich die Alp erreiche, biege ich rechts über die Wiesen ab. Mein Ziel ist der grasige Grat zwischen Glütschstock und P.2228 (südwestlich des Britterehöreli) nördlich davon, um auf letzteren hochzusteigen und von dort in nordwestlicher Richtung auf den rot-weissen Wanderweg abzusteigen. Ist zwar alles weglos, aber leichtes Grasgelände. Ich habe damit den Umweg abgekürzt, den der Verlauf des rot-weissen Wanderweges vorgeben würde (nämlich von der Alp Glütsch über Glütschnessli und Grueneri bis fast in den Spiggengrund hinab, um dann über die Alp I de Lauchere und Eggbugli in besagten Wanderweg einzumünden. Mir erschien dies zu lang und umständlich. Lieber gleich noch 250Hm bis zum P.2228 anhängen und dafür dann zum Latrejefeld (nochmals mit Gegenanstieg, der liess sich trotz abermaliger Querung nicht vermeiden. Also besser gleich dem Wanderweg bis Eggmittelberg folgen und auf einem netten Wiesentrail bis Latrejefeld aufsteigen).
Nun geht es nur mehr bergab, zuerst über die Alpstrasse, später kurz abkürzend (ist zwar mit Wegweiser ausgeschildert, der Abzweiger sieht man trotzdem kaum, weil ziemlich zugewachsen), dann wieder entlang der Alpstrasse bis zum Schlieri, wo der Alpkiosk wartet.
In Summe gut 1800Hm und 15Km
An der grossen Bastion T6-Gelände, sonst T4 und T5 am Grat
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Andreas Wiedler (Sonntag, 01 Oktober 2023 21:07)
Hoi Patricia..
Möchte morgen evtl. den NNW Grat Schwalmere machen. Habe noch Fragen.. kann ich mal anrufen?
Gruss Andreas
spunk01@gmx.net