November. Dieser Übergangsmonat, wo es früh dunkel wird, meist trüb und windig, der erste Schnee die Bergspitzen verziert und irgendwie die Luft raus ist. Zeit, um Erledigungen nachzuholen, Dinge zu sortieren, Pläne zu schmieden. Oder aber, man nutzt die Gunst der Stunde, dass ein makelloses Schönwetterwochenende bevorsteht und vereinbart mit Kollegen eine Bergtour. Wie diejenige am Simplonpass aufs Wasenhorn. Eine hübsche Bergspitze mit einem Südwestgrat aus Blockwerk und etwas Schutt. Um diese Jahreszeit einsam oberhalb der Monte Leone Hütte gelegen und mit wunderbarem Ausblick auf die Berner Alpen, sowie Monte Leone.
Wenn dann noch 5 ganz eigene Charaktere miteinander losziehen, kann es nur witzig werden...angefangen mit einem gechillten Start nach 11Uhr und dreifacher Dosis Kaffee, einer Rally-Fahrt im Kleinwagen auf den Simplon begleitet von hartem Technosound, eingequetscht zwischen breiten Schultern, kräftigen Bergsteigerhaxn und 5 Rucksäcken...ausgerüstet wie für eine fordernde Winterbesteigung finden wir vor allem eines vor: mühsame Blockfelder mit dünner Schneeauflage anstatt tief eingeschneiter Grate und weisser Flanken. Für unsere Strategie im Sinne von der Erste spurt so lange er kann, lässt sich umfallen und reiht sich hinten ein, fanden wir defintiv keine Verwendung. Das Warten auf den Winter ist noch in vollem Gange.
Wie Hampelmänner stolpern wir über eingeschneite Blöcke, schlittern über vereiste Gletscherschliffplatten und tänzeln mehr plump als elegant zwischen Zonen mit Schneeauflage und schneefreien Bereichen hindurch. Ein ziemlicher Zustieg, teils noch im Schatten (Westseite!) bis wir die Wasmerlicke erreichen, wo der eigentliche Spass beginnt. Steigeisen anschnallen, Pickel raus, wasserdichte Handschuhe anziehen und Windschutz überstülpen. Ein Südwestgrat hat den Vorteil oder auch Nachteil, dass die eine Seite schön trocken und sonnenerwärmt ist, die andere frostig abweisend mit Anraum überzogen ist, was schön für das Auge, aber nachteilig für die flotte Fortbewegung ist. Wir bahnen uns also unseren Weg zwischen Sommer und Winter, Sauna und Gefrierschrank. Bis zum Gipfelkreuz, wo die Männer für mich kernig für ein Gipfelfoto posieren müssen. Eroberungsalpinismus, oder so ähnlich;-)
Für den Abstieg wählen wir die Südflanke, durch die, meist Richtung Kante, Wegspuren im Sommer hinableiten. Wir finden eher mühsame Bedingungen vor, eingeblasene Stellen wechseln mit abgeblasenen, loser Schutt auf plattigem Gelände, dann wieder Wegspuren, Blockfelder und knietiefer Schnee. Die Steigeisen machen es nicht besser und wir entledigen uns den elenden Dingern, als das Gelände flacher wird. Bei der Monte-Leone-Hütte heisst es Energiereserven auffüllen. Wir flüchten vor dem mittlerweile ganz schön an Stärke zulegenden Wind in die Hütte hinein, die noch auf Walliser Grund liegt. Nach einem Vorratsdepot Ausschau haltend erspähen wir 2 Kisten. Vorfreudig öffne ich die erste Box und muss einfach nur lachen: "wir sind im Wallis, eh klar!" Ausser gähnender Leere befinden sich einige Flaschen Wein in den Kisten. Der klassische Walliser Durstlöscher, oder etwa nicht?!? Da uns die Zeit weglief und bei dieser Kälte auch der Wein nicht mehr von innen gewärmt hätte, liessen wir die Weinflaschen unangetastet in ihren dunklen Aufbewahrungsbehältnissen, verriegelten die Eisentür und hampelten einmal mehr hinunter zur Kreuzung beim Passübergang, wo das Chaltwassertälli schon auf uns wartete: mit stolpern, wackeln, rutschen, hampeln und sliden bewältigten wir auch diesen Part knapp vor Dunkelwerden beim Auto am Pass...
Die Rückfahrt? So wie der Tag begonnen hatte, mit Techno, einem überbeladenen Opel Corsa, nur diesmal zusätzlich noch mit stinkenden Socken, nassen Bergschuhen und 10 zufriedenen, funkelnden Augen.
Wasenhorn, 3246m
Südwestgrat T5+, 2a
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